Titelverteidiger Karlsruhe wurde im Finale mit 3:1 geschlagen
Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte hatten es Senioren vom Schachklub Lahr geschafft bis ins Finale vorzudringen. Mit Berthold Kopp, Peter Hurst, Fritz Meyer und Joachim Stulz sowie dem Offenburger Prof.Dr.Alfred Osthof waren ab Oktober 2011 die Mannschaften von Kehl,Villingen und Engen bezwungen worden.
Als zweiter Südbadischer Qualifikant hatte sich Freiburg gegen Heitersheim,Sölden,Emmendingen,Bad Säckingen und Rastatt/Baden-Baden durchgesetzt.
Aus Nordbaden waren wieder Vorjahressieger Karlsruhe und Vizemeister Eppingen erfolgreich. Die Rangliste nach Wertungszahlen der Spieler zeigt Eppingen klar in der Favoritenrolle.
1. SC Eppingen 2062
2. SG Karlsruhe/Pfinztal 2002
3. SG Lahr/Offenburg 2001
4. Freiburg Zähringen 1887. 1991
Für die 16 Finalteilnehmer waren vom Badischen Schachverband für den 07./08.Juli Einzelzimmer und Spielsaal im zentral gelegenen Kurort Bad Herrenalb gebucht. Dort wollte das Ortenauer Team als Neuling gegen die Etablierten seine Chance nutzen. So wurde Brett 4 zweifach besetzt: Fritz Meyer war Samstagspieler,Joachim Stulz sollte ausgeruht am Sonntag antreten.
Dieser taktische Plan entsprang dem Auslosungsmodus.Traditionsgemäß spielten in Runde 1 je eine Mannschaft aus Süd-und Nordbaden gegeneinander. Sowohl Karlsruhe als auch Eppingen hatten an den Brettern 1 und 2 aktive Oberligaspieler eingesetzt. Kopp und Hurst spielen für Lahr eine Klasse tiefer in der Verbandsliga.Sie sollten darum zunächst auf Sicherheit gehen und Remis anstreben. An den Brettern 3 und 4 erschienen die Siegchancen größer.
Dieses Planspiel hätte aber schon vor dem Ziel durch Zeitüberschreitung enden können. Dem Navi war „Bernsteinstraße 3 Hotel“eingegeben worden. Das entpuppte sich als „Gasthaus Löwen“in einem abgelegenen Ortsteil von Bad Herrenalb. Keine Spur vom „Hotel Kull von Schmidtsleben“ mit Hallenbad. In der Reservierung fand sich dann die Lösung. Bernsteinweg 3 und nicht-straße. Man glaubte sich an der Ostseeküste. Nach etlichen Kilometern Rückfahrt reichte die Zeit noch,um die Ansprache des Bürgermeistervertreters mit zu hören.
Der Turnierleiter wies dann auf die Bedeutung der Brettwertung hin. Bei 2:2 Punktgleichheit entschied sie über Sieg oder Niederlager,vergleichbar mit dem Torverhältnis beim Fußball. Ein Sieg am 1.Brett brachte 4 Punkte,am 2.Brett 3 Punkte ,dann 2 Punkte an Brett 3 und schließlich 1 Punkt für Brett 4. Bei Remisschluss wurde geteilt.
Die Auslosung brachte dann die Paarungen Eppingen – Lahr und Freiburg –Karlsruhe. Letztere Begegnung wurde schon gleich mit der Brettwertung entschieden. Freiburg schaffte zwar ein 2:2 Mannschaftsergebnis ,hatte aber für den Sieg am 4.Brett nur 1 Wertungspunkt, Karlsruhe dagegen für das 2. Brett 3 Wertungspunkte erhalten und damit ein „Torverhältnis“ von 6:4.
Eppingen hatte eine deutlich höhere Ratingzahl als Lahr/OG. Trotzdem ging Lahr erst mal in Führung. Hurst hatte am 2.Brett dem Eppinger Mannschaftsführer ein Loch in seiner Kombinationskette nachgewiesen und den Figurenvorteil im Endspiel verwertet. An Brett 3 glich der Gegner dann zwar zum 1:1 aus, lag aber nach Brettwertung noch 2:3 hinten. Die gleichzeitigen Remisangebote von Kopp an Brett 1 und Meyer an Brett 4 wurden deshalb natürlich abgelehnt, doch der psychologische Effekt war erreicht. Unter dem Druck des Gewinnenmüssens übersah Kopps Gegenspieler ein Matt in einem Zug. Mit diesem Blackout war Eppingen aus dem Titelrennen ausgeschieden. Selbst mit einem Sieg am 4. Brett hatte Lahr/OG bei einem 2:2 nach Brettwertung weit die Nase vorn. Der Friedensschluss bei ausgeglichener Stellung war daher nahe liegend, das Mannschaftsergebnis lautete damit 2,5:1,5 für die Ortenauer. Die Karlsruher waren die ersten Gratulanten, was gut zu verstehen war.
Nach einer unruhigen Gewitternacht aber dafür einem ausgiebigen Frühstücksbuffet begannen pünktlich um 9:00 Uhr die Partien um die Plätze 1 und 2 sowie 3 und 4. Hier setzte sich Eppingen gegen Freiburg durch. Der Mannschaftsführer zeigte sich von der Niederlage gegen Hurst gut erholt. Sein Sieg reichte bei drei Unentschieden zum dritten Platz.
Nach dem Überraschungserfolg gegen Eppingen wollten es die Lahrer nun auch gegen Karlsruhe wissen. An Brett 4 war zwar ein ausgeruhter Joachim Stulz eingewechselt, doch die Gefahr lauerte beim Titelverteidiger eindeutig an den Tischen eins und zwei. Berthold Kopp saß mit Clemens Werner nicht nur ein FIDE-Meister sondern auch der Deutsche Seniorenmeister von 2010 gegenüber. Peter Hurst hatte es mit Rudolf Müller zu tun, der vor dem Eintritt ins Seniorenalter zweimal Badischer Meister war. Nach der Mannschaftstaktik standen somit die Bretter 3 und 4 in der Gewinnverantwortung.
Tatsächlich machte Alfred Osthof seine Niederlage vom Samstag wett und brachte die erhoffte 1:0 Führung. An Brett 2 fiel die nächste Entscheidung. Dort schenkten sich die beiden Sieger vom Vortag nichts. Doch als Müllers Königsangriff nach einer versteckten Bauerngabel verpufft war, wurde er von Hurst klassisch gekontert und mit dem 2:0 war auch schon die Hälfte der Brettwertung erreicht.
An den Brettern 1und 4 hatte Karlsruhe leichte Vorteile und konnte rein rechnerisch noch auf den Gesamtausgleich hoffen.Nach dem Reglement hätten dann Schnellpartien und bei nochmaligem Gleichstand das Los den Titelkampf entschieden. Doch dazu kam es nicht mehr. An Brett 4 hatte Stulz das Blatt gewendet und mit weit vorgeschobenen Bauern derart Drohungen aufgestellt, dass sein Kontrahent das Remisangebot dankbar annahm. Nun gab auch FIDE-Meister Werner seine langwierigen Gewinnversuche mit einem Mehrbauern im Turmendspiel auf und akzeptierte die Punkteteilung mit Kopp. Mit dem 3:1 Endstand wurde die Spielgemeinschaft Lahr/Offenburg letztlich verdient Badischer Senioren-Mannschaftsmeister 2011/2012. Das macht auch eine Ergebnistabelle deutlich.
Runde Mannschaften Punkte Brettwertung
1 SG Karlsruhe/Pfinztal - Freiburg Zähringen 1887 2,0:2,0 6,0:4,0
SC Eppingen - SG Lahr/Offenburg 1,5:2,5 2,5:7,5
Spiel um den 3.Platz Punkte Brettwertung
Freiburg Zähringen 1887 - SC Eppingen 1,5:2,5 3,5:6,5
Spiel um den 1.Platz Punkte Brettwertung
SG Lahr/Offenburg - SG Karlsruhe/Pfinztal 3,0:1,0 7,5:2,5
Die Ergebnisse der einzelnen Spieler von Lahr/Offenburg
Brett Name Punkte Brettwertung
1 Berthold Kopp 1,5:0,5 6,0:2,0
2 Peter Hurst 2:0 6:0
3 Alfred Osthof (OG) 1:1 2:2
4 Fritz Meyer 0,5:0,5 0,5:0,5
4 Joachim Stulz 0,5:0,5 0,5:0,5
Die kalkulierte Mannschaftstaktik wurde völlig auf den Kopf gestellt. Hurst und Kopp belegten an den Spitzenbrettern mit ihren Ergebnissen unter allen Spielern die Plätze 1 und 2.
Beide konnten wegen der hoch bewerteten Gegner ihre persönliche Wertungszahl über die magische Grenze von 2100 Punkten bringen und liegen damit im Oberliganiveau. Peter Hurst konnte sich zusätzlich über die zweite badische Goldmedaille innerhalb von 4 Wochen freuen. Er ist seit dem 10.Juni Seniorenmeister von Baden 2012.